Was soll ein Mädchen bloß tun, wenn es von seinem toten Freund zum Abschlussball eingeladen wird? Vor diesem Dilemma steht Musterschülerin Toffee: Der rebellische Jonny hat sich aus verschmähter Liebe in das Silo eines Atomkraftwerks gestürzt. Nach seiner Beerdigung taucht er plötzlich als verstrahlter Zombie wieder auf, um Toffees Herz zurückzuerobern. Doch ihre Eltern konnten Jonny schon nicht ausstehen, als er noch lebte...
"Zombie Fieber" heißt das kultverdächtige US-Musical von Dana P. Rowe und John Dempsey, das in den 50er Jahren spielt, 1993 uraufgeführt wurde und nun, mit dem Ensemble "Show Ab" im Spectaculum Mundi seine Deutschland-Premiere erlebte. Ein wunderbar schräges Vergnügen: Die Musik hat Schmiss, der Text hat Biss - auch in der Übersetzung, wo aus "Blast From The Past" etwa "Müll mit Gefühl" wird. Liebevoll die Ausstattung (von stilechten Hornbrillen bis zur kleinen Jonny-Lederjacke für Toffees Teddybär), einfallsreich die Regie: Da wird "Titanic" persifliert, da trällern Schüler zu einer herrlich albernen Choreografie "Jonny, bleib fort von Atomenergie".
Mit Charme und ansteckender Spielfreude singen sich die zehn Darsteller durch die abgefahrene Story, fabelhaft unterstützt von einer vierköpfigen Band. In der Hauptrolle liefert sich Regisseur Thorsten Schmidt herzzerreissende Duette mit Toffee (stimmlich herausragend: Bine Trinker) und witzige Wortgefechte mit der Schulleiterin (darstellerisch herausragend: Petra Oppermann) - und als lebenslustiger Zombie beweist er, dass Tanzen erst richtig Spass macht, wenn der rechte Arm fehlt.
In Musicalpalästen erwartet das Publikum Musiktheaterproduktionen in Vollendung - was ihm jedoch zum Teil vorgeführt wird, ist musikalisch wie inhaltlich an Schlichtheit kaum zu übertreffen. Das Show Ab-Ensemble beweist mit "Zombie Fieber" zur Zeit im Spectaculum Mundi, dass auch ein leicht angestaubter - wenngleich erst 1993 uraufgeführter - Stoff (John Dempsey) unter der Hand eines talentierten Regisseurs bei Mitwirkung eines engagierten Ensembles trotz Mini-Budgets zum Unterhaltungsknüller werden kann.
Die "Enrico Fermi High School" Ende der fünfziger Jahre - die USA im kollektiven Rüstungs- und Atomwahn. Auch Rektorin Delilah Strict veranstaltet regelmäßig Luftschutzübungen. Nur ein Schüler verweigert jeden Gehorsam: Jonny ohne H. Ausgerechnet die brave Toffee verliebt sich in ihn. Doch die Eltern verbieten ihr den Umgang; der unglückliche Jonny stürzt sich ins Silo des Atomkraftwerks. Weil aber der vorzeitige Tod eines Helden langweilig ist, taucht er als glibbriger Zombie wieder auf aus seinem Strahlengrab und bringt die Schul-Verhältnisse erst recht zum Tanzen.
Man kann darüber streiten, ob dieses Stück, angesiedelt irgendwo zwischen "Grease" und "Phantom der Oper", zeitgemäß ist. Als farbiges Bonbon und Parodie auf den amerikanischen Traum von
Fortschritt und Familienseligkeit funktioniert es allemal prächtig. Ein spielfreudiges Ensemble verhindert, dass der Spaß zum Klamauk wird. Mitreißend-komisch ist die Tango-Balz von Miss Strict und Klatschreporter Eddie Flagrante (Arnulf Martin); Anke Korte beeindruckt als Streberin Ginger vor allem durch ihre Ensembleleistung; als Hauptdarstellerin noch etwas unsicher, überzeugt die junge Bine Trinker mit viel stimmlichem Talent. Und Initiator Thorsten Schmidt, der auch Regie geführt hat, gibt den Zombie Jonny zwar routiniert und gesanglich präzise, doch nicht gefühllos. Eine gute Choreografie, vier prima Musiker sowie das effektvolle Bühnenbild tun ein Übriges, Alltag für zwei Stunden auszusperren. (Noch bis zum 3. März.)